Eine fortlaufende Weihnachtsgeschichte

Arela, Keona und Azariel sahen sich überrascht an. Gerade sie sollten auf Wunsch des Weihnachtsmanns auf eine Mission gehen? In die Menschenwelt? Das war eigentlich nur ganz bestimmten Elfen vorbehalten und sie hatten bislang nicht dazu gehört. Was für ein Knaller! Jetzt konnten sie endlich beweisen, was in ihnen steckt. Arela, die ohnehin gern mal im Mittelpunkt stand, streckte voller Stolz ihre Brust heraus und blickte triumphierend um sich. Keona und Azariel, die die Aufmerksamkeit nicht ganz so sehr suchten, blickten noch immer etwas verwundert drein und bei Keona schwang auch ein kleines bisschen Frucht mit. Aber alle drei Elfen waren sich der Ehre durchaus bewusst, die ihnen da zuteil wurde. Auf Mission in die Menschenwelt. Das war doch mal was!

Zwei Silhouetten standen aneinander gelehnt in der Tür, die Arme verschränkt, die Köpfe leicht nach vorne gebeugt. Wurde bereits durch die Neigung ihrer Körper der Eindruck erweckt, etwas sei nicht ganz in Ordnung, so wurde dieser von dem Ausdruck auf ihren Gesichtern unterstützt. Die Stirn zerfurcht, Augenbrauen zusammengezogen, große Augen, welche umherirrten und zu sehen versuchten, was nur ihre kleine Tochter alleine sah. Vor einiger Zeit schien sie ihren weiß bemalten Schreibtischstuhl vor ihr Fenster geschoben zu haben, um sich in ihrem flauschigen Bärchenpyjama darauf niederzulassen, weil ein leiser, beharrlicher Ruf sie nicht schlafen lassen wollte und nach draußen zu locken schien - raus aus ihrem bequemen Bettchen in die Welt und darüber hinaus.

Die Elfen hatten lange in den Himmelslichtern gebadet und ganze Säcke der Lichtpunkte gesammelt. Dieser gigantische Energieschub hatte ihre Kraftreserven wieder aufgefüllt und noch für einen guten Vorrat gesorgt. So würden sie auch die nächsten Tage gut überstehen und konnten sich endlich an die Arbeit machen. Schließlich gab es auch in diesem Jahr wieder viele Wünsche zu erfüllen. Freilich hatten die Elfen bei weitem nicht mehr so viel zu tun wie früher, aber eine kleine Spritze Magie war immer willkommen. Doch wo war dieser ganze Glanz nur hergekommen, wo plötzlich wieder ein so starker Glaube an die Weihnachtszeit erwacht? Die Elfen konnten sich dieses Wunder noch immer nicht erklären. Ihre verzweifelten Versuche, die magische Hülle vor dem Einsturz zu bewahren, hatten sie ihre letzten Kräfte gekostet und dann war das Wunder geschehen.

Er machte sich nicht einmal mehr die Mühe, in den Himmel zu blicken und hoffnungsvoll der flammenden Lichter zu harren. Er wusste, dass sie im selben Moment wie die dritte Kerze erloschen sind. Und mit ihnen begann auch die schützende Hülle der Weihnachtsstadt immer weiter zu bröckeln. Jeder magische Funke, der sich von der Decke löste und auf die Erde nieder fiel, ließ diese Stelle strahlend hell erleuchten; die größten beschworen kleine Tannenbäume herauf, welche nun an ihrer statt die schützende Funktion einnehmen sollten.

Es ist schon der zweite Dezember! Die erste Kerze von 24, die den Countdown bis Heilig Abend herunterzählen, ist bereits verloschen. In der alten Zeit, als Weihnachten noch Gemeinsamkeit, Liebe und Familie bedeuteten und die Vorfreude durch immer neue Wunder stätig wuchs, entfesselte jede verlöschende Kerze wunderschöne Himmelslichter - von den Menschen auch Nordlichter genannt - die weithin sichtbar waren. Je näher Weihnachten heran rückte, um so größer und farbenprächtiger wurden die Himmelslichter, da jede verloschene Kerze ihre ganze Kraft an die noch verbliebenen Kerzen weiter gab. Mit jedem neuen Tag in der Adventszeit brannten die Kerzen heller und heller. Die Flammen der Kerzen - ihre Wärme und ihr Licht - werden durch den Glauben an die Wunder der Weihnachtszeit, an die Weihnachtsstadt, an die vielen fleißige Elfen und an den Weihnachtsmann selbst genährt. Je stärker dieser Glaube ist, um so heißer und lichter die Flamme und um so beeindruckender die Himmelslichter!

Die Kälte kroch durch die Fensterritzen in die Häuser hinein, in welchen sie sich einnistete und über alles, Mobiliar und Menschen im besonderen, legte. Das bläuliche Licht der Bildschirme ließ die ohnehin schon blassen Gesichter noch kühler wirken, während die Kälte dafür sorgte, dass die Körper immer weiter erstarrten, bis sich letztendlich nur noch die Daumen bewegten. Erstarrt, weil sie schon lange nichts mehr berührte. Ihre Mienen blieben genauso ausdruckslos wie ihre Haltungen, während sich auf den Bildschirmen bunte, unbekannt scheinende Welten erstrecken; Gefühle werden ausgetauscht, welche sich in der Realität nicht widerzuspiegeln scheinen. Bestellungen werden in Sekundenschnelle in Auftrag gegeben und abgesandt, sodass Weihnachten auf einmal jeden Tag zu sein scheint. Die Taschen werden immer voller, während die Herzen immer leerer, kälter werden.