Den ganzen Tag waren Azariel, Cation und Quamo durch die Straßen der Stadt gelaufen. Mit ihrer Fähigkeit, die Gedanken der Menschen zu hören, hatten sie versucht diejenigen herauszufiltern, die von Weihnachten handelten. Aber es wollte ihnen nicht gelingen, auch nur einen einzigen Gedanken zu finden, der auch nur entfernt mit Weihnachten zu tun hatte. Cation, die kleine Ulknudel, wurde schon wieder erschreckend ruhig. Da, wo sonst immer ein kesser Spruch auf ihren Lippen lag, war Ruhe eingekehrt. Besorgt stellte Azariel mit stillem Seitenblick auf seine Begleiter fest, dass die Niedergeschlagenheit des gestrigen Abends wieder um sich griff und alle in eine tiefe Finsternis zog.
Einzig der Rabe, der von Quamo Janus, wie der Gott des Übergangs oder der Schwelle, genannt wurde, brachte ein paar Glanzpunkte in ihre Traurigkeit. Er war wieder wohlauf und klagte nur noch ein wenig über einen seiner Flügel, der von einem Ast eingeklemmt gewesen war. Deshalb saß er nun hoch erhobenen Hauptes auf Quamos Schulter und ließ sich von diesem durch die Gegend tragen. Hin und wieder zupfte er Quamo an seinen spitzen Ohren oder rieb sein Köpfchen an dessen Wange. Davon bekamen Azariel und Cation jedoch nur etwas mit, wenn sie zufällig ihren Blick zu Quamo hoben. Interessant und lustig jedoch war - und daran konnten alle gleichermaßen teilhaben - was Janus so dachte und fühlte. Schon lange hatten sie keinem fremden Tier mehr so lange ihre Aufmerksamkeit gewidmet. In der Weihnachtsstadt gab es nur die Rentiere und hin und wieder ein paar Schneefüchse und Eichhörnchen, die jedoch recht schnell wieder verschwanden.
Spannend war, dass Janus offenbar ein Gefühl dafür hatte, was sie suchten. Er konnte es natürlich nicht in Worte fassen, jedoch gingen ganz klar Signale von ihm aus, die den drei Elfen ein Ja oder ein Nein übermittelten. Nach einigen Ecken, um die sie gebogen waren und mit einem Ja-Gefühl belohnt worden und einem sehr deutlichen Nein, als sie an einem Gebäude vorüber gehen wollten, standen sie vor einem Haus mit einem Spielplatz davor. Alles war eingezäunt, damit kein Kind verloren gehen konnte und dahinter herrschte das reinste Chaos, begleitet von fröhlichem Kinderlachen und Geschrei. "Kin-der-gar-ten!" las Quamo auf dem Schild über der Tür. Ein Kindergarten also. Doch warum hatte Janus sie hierher geführt?
Eine Weile sahen sie dem bunten Treiben auf dem Spielplatz zu, immer noch unschlüssig, was sie als nächstes tun sollten. Plötzlich lenkte Janus ihre Aufmerksamkeit mit einem lauten Krächzen auf ein Elternpaar, dass ihre kleine Tochter gerade in den Kindergarten brachte. Die Elfen, alle in ihren eigenen Gedanken versunken, schreckten auf und folgten dem Blick des Raben zu dem kleinen Mädchen. Und plötzlich war es da - ein Gefühl, so stark, dass man es hätte mit den Händen greifen können. Genau, wie der Weihnachtsmann geschrieben hatte: "Ihr werdet es wissen, wenn ihr sie gefunden habt und was dann zu tun ist." Plötzlich war alles klar! Dieses Kind war, wonach sie gesucht hatten. Das ungeborene Kind aus des Weihnachtsmanns Brief konnte es nicht sein. Es war ja bereits auf der Welt. Blieben das vergessene Geschenk und die gestorbene Hoffnung. Aber was auch immer die Elfen hier gefunden hatten: es war eins ihrer Ziele und nun - so beschlossen sie - mussten sie mit den anderen Elfen-Teams in Verbindung treten.